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Nach sieben Jahren wurde José Maria Sison,
Gründungsvorsitzender der KP der Philippinen, von der EU-Terrorliste gestrichen.
Ein Sieg über Denunziation und Willkür
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Politik
Philippinen | 05.10.2009 12:57 | Rainer Werning
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Späte Genugtuung
Nach sieben Jahren wurde José Maria Sison, Gründungsvorsitzender der KP
der Philippinen, von der EU-Terrorliste gestrichen. Ein Sieg über Denunziation
und Willkür
Am 30. September hat das Gericht Erster Instanz der Europäischen
Gemeinschaften (EuG) in Luxemburg entschieden, den seit 1987 im
niederländischen Utrecht im Exil lebenden Filipino José Maria Sison
endgültig vom Terror-Stigma zu befreien. Auf diese Liste war Sison
vom EU-Ministerrat 2002 auf Antrag der Niederlande gesetzt worden.
Die zieh ihn der Führerschaft der KP der Philippinen (CPP) und ihrer
Guerillaorganisation, der Neuen Volksarmee (NPA), und machte ihn für
Auftragsmorde an Ex-Genossen verantwortlich. Die Richter des EuG
begründeten ihr Urteil damit, es sei nicht bewiesen, dass der Angeklagte
in terroristische Aktivitäten verwickelt ist. Auch hätten Sisons Konten
nicht eingefroren werden dürfen, solange der Inhaber nicht rechtskräftig
wegen terroristischer Handlungen verurteilt worden sei.
Für den 70-jährigen Sison bedeutet das Urteil aus Luxemburg späte
Genugtuung. In seiner ersten Stellungnahme aus dem niederländischen
Utrecht zeigte er sich hoch erfreut, nach sieben Jahren kafkaesker
Behandlung durch Behörden endlich wieder ohne psychischen Dauerdruck
leben zu können. Sisons belgischer Chefanwalt, Jan Fermon, kündigte an,
die Konsequenzen dieser „modernen Inquisition“ zu beenden. Sein
Mandant sei einzig aufgrund von Verdachtsmomenten von einem
geheim tagenden Gremium des Ministerrates auf die Terrorliste gelangt.
Mit der fatalen Folge, dass ihm die niederländische Regierung seit Ende
2002 die Sozialhilfe sowie die Kranken- und Rentenversicherung strich
und seine Konten sperren ließ. „Wir werden alles daran setzen“,
erklärte Fermon, „dass der Schaden, der Herrn Sison über all die
Jahre entstanden ist, voll ersetzt und ihm Schmerzensgeld gezahlt
wird.“
Von Aquino begnadigt
Kein lebender Filipino genoss in den vergangenen vier Jahrzehnten
eine solche Publicity und sah sich einer solchen Vielzahl von Prozessen
ausgesetzt wie José Maria Sison. In den Augen seiner weltweit
zahlreichen Bewunderer zählt er zu den herausragenden Marxisten
des 20. Jahrhunderts. Für seine vielen Feinde verkörpert er das Böse
schlechthin. Was sie besonders stört, ist Sisons Beharrlichkeit, der
sich bis heute offen zum Kommunismus und zur Revolution bekennt.
Ende 1968, auf dem Höhepunkt der im nördlichen Nachbarland
China geführten „Großen Proletarischen Kulturrevolution” und der
US-Aggression gegen Vietnam, avancierte Sison zum
Gründungsvorsitzenden der auf maoistischer Grundlage reorganisierten
CPP. Als er Ende März 1969 auch noch zu den Mitinitiatoren der NPA,
des bewaffneten Arms der CPP, gehörte, wurde er quasi über Nacht
zur meistgesuchten Person der damaligen Marcos-Diktatur. 1977
spürten dessen Häscher Sison auf und sperrten ihn bis zum Fall
des Diktators Ende Februar 1986 in Einzelhaft. Während dieser
Zeit wurde Sison gefoltert und blieb Monate lang an sein Bett
gefesselt. Anfang März 1986 endlich wurde er durch die
Marcos-Nachfolgerin Corazon C. Aquino begnadigt.
Ideeller Gesamtterrorist
Danach erhielt er einen Lehrauftrag am Asian Studies Center der
staatlichen University of the Philippines. Im September 1986 begann
er eine Vortragsreise, die ihn nach Ozeanien, Ost-, Südost- und
Südasien und schließlich nach Europa führte. In seine Heimat konnte
er nicht mehr zurückkehren, die philippinische Regierung hatte ihm
1988 den Pass entzogen, zwischenzeitlich stand er dort auch auf
Todeslisten. Sison fand in den Niederlanden politisches Asyl, wo
er schließlich zum Chefberater des von der CPP geführten Bündnisses,
der Nationalen Demokratischen Front der Philippinen (NDFP), wurde,
die bis 2004 Friedensverhandlungen mit der Regierung in Manila führte.
Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 galt Sison für die
Regierungen in Washington und Manila gleichermaßen als ausgemachter
„Terrorist”. In vorauseilendem Gehorsam gegenüber den USA und
aufgrund massiver Wirtschaftsinteressen in den Philippinen setzte
sich schließlich auch Den Haag dafür ein, Sison ein solches Etikett
zu verpassen und ihn politisch zu neutralisieren. Am 13. August 2002
brandmarkten die niederländische Regierung Sison als „Terroristen“,
just 24 Stunden nachdem die US-Regierung ihn zusammen mit der
CPP auf die „Liste ausländischer terroristischer Organisationen“ gesetzt
hatte. 2007 sperrte man ihn nach einer Nacht-und-Nebel-Aktion ins
Staatsgefängnis von Scheveningen. Er sollte, so der Vorwurf, von
Utrecht aus die Ermordung zweier ehemals hochrangiger CPP-Genossen,
die später für den philippinischen Militärgeheimdienst arbeiteten,
angeordnet haben. Sison wurde jedoch im März vorigen Jahres mangels
Beweisen freigesprochen. Bedenkt man, wie es fast unmöglich ist, jemals
wieder von einer Terrorliste gestrichen zu werden, bedeutet das
Luxemburger Urteil einen Sieg beharrlicher internationaler Solidarität für
Sison und seines hochkarätigen Rechtsbeistands.
der Freitag Artikel-URL: http://www.freitag.de/politik/0940-philippinen-kp-sison-terror
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