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Sieg mit siebenjähriger Verspätung
Gründungschef der KP der Philippinen, José Maria Sison, von
EU-Terrorliste gestrichen
Von Rainer Werning
05/10/2009
Der seit 1987 im niederländischen Utrecht im Exil lebende Filipino José Maria
Sison ist endgültig von der EU-Terrorliste zu streichen. Das hat in der
vergangenen Woche das Gericht Erster Instanz der Europäischen
Gemeinschaften (ECFI) in Luxemburg entschieden. Auf diese Liste
war Sison am 28. Oktober 2002 auf Antrag der Niederlande vom
EU-Ministerrat gesetzt worden. Dieser zieh ihn der Führerschaft der
Kommunistischen Partei der Philippinen (CPP) und ihrer Guerillaorganisation,
der Neuen Volksarmee (NPA), und machte ihn für Auftragsmorde an
Exgenossen in den Philippinen verantwortlich. Die Richter des ECFI
begründeten ihr Urteil damit, es sei nicht bewiesen, daß der Angeklagte
in terroristische Aktivitäten verwickelt ist, und seine Listung genügte nich
den Anforderungen von EU-Richtlinien. Auch hätten Sisons Konten nicht
eingefroren werden dürfen, solange der Inhaber nicht rechtskräftig
wegen terroristischer Aktivitäten verurteilt oder zumindest kein
entsprechendes Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet worden
ist.
Für den im Februar 70 Jahre alt gewordenen Sison war dieser Urteilsspruch
aus Luxemburg ein spätes Geburtstagsgeschenk. Sein belgischer Chefanwalt,
Jan Fermon, erklärte, sein Mandant sei einzig aufgrund von Verdachtsmomenten
von einem geheim tagenden Gremium des Ministerrates auf die Terrorliste
gelangt. Mit der fatalen Folge, dass ihm die niederländische Regierung seit
Oktober 2002 die Sozialhilfe sowie die Kranken- und Rentenversicherung
strich, seine Konten sperren ließ und es Sisons Handelspartnern bei
Strafandrohung untersagte, mit ihm Verträge zu schließen oder erbrachte
Leistungen an ihn auszuzahlen. »Wir werden alles daransetzen«, erklärte
Fermon, »daß der Schaden, der Herrn Sison über all die Jahre entstanden
ist, voll ersetzt und ihm Schmerzensgeld gezahlt wird.«
Was den Herrschenden diesseits und jenseits seiner Heimat ein Dorn im Auge
ist, ist Sisons Beharrlichkeit, sich bis heute offen zum Kommunismus und zur
Revolution zu bekennen. Ende 1968 avancierte er zum Gründungsvorsitzenden
der auf maoistischer Grundlage reorganisierten CPP. Als er 1969 auch zu den
Mitinitiatoren der NPA gehörte, war er quasi über Nacht zur meistgesuchten
Person der damaligen Marcos-Diktatur geworden. 1977 spürten dessen
Häscher Sison auf und sperrten ihn bis zum Fall des Diktators Ende Februar
1986 in Einzelhaft. Anfang März 1986 begnadigte ihn die Marcos-Nachfolgerin,
Präsidentin Corazon C. Aquino.
Danach begann für Sison eine Odyssee. Zunächst erhielt er einen Lehrauftrag
an der staatlichen University of the Philippines. Im September 1986 begann
er eine Vortragsreise, die ihn schließlich nach Europa führte. In seine Heimat
konnte er nicht mehr zurückkehren, weil er dort zwischenzeitlich auf
Todeslisten stand und die philippinische Regierung ihm 1988 den Paß
entzogen hatte. Sison erbat in den Niederlanden politisches Asyl, wo er
seit Jahren als Chefberater des von der CPP geführten Bündnisses, der
Nationalen Demokratischen Front der Philippinen (NDFP), fungiert, die bis
2004 Friedensverhandlungen mit der Regierung in Manila führte.
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